Fassadendämmung überschreitet Grenze zum Nachbargrundstück – das ist meist kein Problem!
efindet sich Ihre Eigentumswohnung in einer Immobilien, die vor 1978 errichtet wurde, geht rund ein Drittel der Heizwärme über die Außenwände verloren. Angesichts der aktuell enorm steigenden Heizölpreise fragen Sie sich bestimmt, was Sie gegen die hohen Heizkosten machen können. Eine zukunftsträchtige Alternative ist eine Fassadendämmung, denn diese kann den Wärmeverlust deutlich verringern. Eine Dämmung der Außenfassade ist allerdings problematisch, wenn die Immobilie, in der sich Ihre Eigentumswohnung befindet, unmittelbar an der nachbarlichen Grundstücksgrenze befindet. Schließlich wird Ihr Nachbar über eine auf sein Grundstück ragende Fassadendämmung nicht gerade erfreut sein. Unter Umständen spielt das aber keine Rolle, denn die Bundesländer können Regelungen erlassen, wonach eine nachträglich angebrachte Wärmedämmung auch dann zulässig ist, wenn sie die Grenze zum Nachbargrundstück überschreitet. (BGH, Urteil v. 12.11.21, Az. V ZR 115/20)
Überbau der Wärmedämmung – Gesetz sieht Duldungspflicht vor
Im entschiedenen Fall stritten die Eigentümer zweier benachbarter Grundstücke in Nordrhein-Westfalen über die Zulässigkeit einer Wärmedämmung. Beide Grundstücke sind mit Mehrfamilienhäusern bebaut. Eines der Häuser steht direkt an der Grundstücksgrenze. Dessen Eigentümer möchte an dem Gebäude eine Außendämmung anbringen, die allerdings über die Grundstücksgrenze auf das Nachbargrundstück ragen würde. Eine Innendämmung ist mit vertretbarem Aufwand nicht möglich.
Gemäß § 23a NachbG NW muss ein Grundstückseigentümer die Überschreitung der Grundstücksgrenze durch eine nachträglich angebrachte Wärmedämmung an bestehenden Gebäuden auf dem Nachbargrundstück dulden. Das gilt zumindest dann, wenn eine vergleichbare Wärmedämmung auf andere Weise nicht mit vertretbarem Aufwand vorgenommen werden kann und der Überbau die Nutzung des Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Die Angelegenheit ging bis zum BGH.
Regelung zur Duldung des Überbaus ist verfassungsgemäß
Der BGH entschied: Die Anbringung einer grenzüberschreitende Wärmedämmung ist zulässig. Eine entsprechende Duldungspflicht des Nachbarn ergibt sich aus § 23a NachbG NW, dessen Voraussetzungen hier auch erfüllt sind. Auch an der Verfassungsgemäßheit der Vorschrift hatte BGH keine Bedenken. Insbesondere war die erforderliche Gesetzkompetenz des Landes gegeben.
Dem steht nicht entgegen, dass der zum Bundesrecht zählende § 912 BGB bereits regelt, unter welchen Voraussetzungen ein rechtswidriger Überbau auf das Nachbargrundstück geduldet werden muss. § 921 BGB und § 23a NachbG NW beziehen sich nämlich auf unterschiedliche Sachverhalte. Während sich § 912 BGB auf einen versehentlichen Überbau bei der Errichtung eines Gebäudes bezieht, geht es in § 23a NachbG NW um den Fall, dass die Dämmung eines an der Grenze errichteten Gebäudes erst im Nachhinein erforderlich wird. Es ist im Sinne der Energieeinsparung und des Klimaschutzes, einen solchen nachträglich erforderlichen Überbau zuzulassen. Landesrechtliche Vorschriften wie § 23a NachbG NW ändern aber nichts daran, dass Neubauten so geplant werden müssen, dass sich die Wärmedämmung in den Grenzen des eigenen Grundstücks befindet.
Fazit: Eine Fassadendämmung ist ein mögliches Mittel, um Heizkosten künftig einzusparen und Ihre Wohnung unter dem Gesichtspunkt der Energieeinsparung attraktiver zu machen. Ist eine Fassadendämmung Ihrer Wohnanlage nur im Wege einer Grenzüberbauung möglich, sollten Sie nicht gleich aufgeben. Die Nachbarschaftsgesetze einiger Länder sehen nämlich für diesen Fall eine Duldungspflicht Ihres Nachbarn vor. Haben Sie Ihre Wohnung vermietet, denken Sie auch daran, dass eine solche Maßnahme eine Modernisierung darstellt. Daher können Sie die Miete um 8% der Modernisierungskosten erhöhen.
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