Bauträger stellt Wohnungen nicht fertig – Stimmkraft kann herabgesetzt werden
Wenn Sie in einer neuen Wohnanlage wohnen habe Sie das vielleicht auch schon erleben müssen: Der erste Bauabschnitt, den Sie bewohnen ist bereits fertig gestellt, aber die Fertigstellung der weiteren Bauabschnitte lässt auf sich warten. Die Häuser stehen leer, die Außenanlagen werden nicht fertig gestellt. Dieser Zustand kann jahrelang andauern. Für solche Fälle hat der BGH entschieden: Für solche “Geisterwohnungen” kann der Bauträger nicht denselben Einfluss in der Eigentümerversammlung verlangen wie die Eigentümer der existierenden Wohnungen. Die anderen Wohnungseigentümer können eine Herabsetzung der Stimmkraft des Bauträgers bis zur Fertigstellung der Wohnungen verlangen (BGH, Urteil v. 18.01.19, Az. V ZR 72/18).
Wohnungseigentümer verlangte Herabsetzung der Stimmkraft
Im entschiedenen Fall sollten auf einem Grundstück 4 Häuser mit jeweils rund 60 Wohnungen entstehen. Nach der Teilungserklärung sollte dies in 4 Bauabschnitten erfolgen. Tatsächlich wurden aber nur zwei der Häuser gebaut und die darin befindlichen Wohnungen verkauft. Eigentümer weiteren 120 Wohn bzw. Teileigentumseinheiten bleib der Bauträger. Nach der Teilungserklärung war für die Stimmkraft der Wohnungseigentümer die Wohnfläche maßgeblich. Dem Bauträger stand damit ein Stimmanteil von 48% zu.
Hiermit waren einige Wohnungseigentümer nicht einverstanden. Sie beantragen in einem gerichtlichen Verfahren, dass sich die Stimmkraft für die noch nicht bezugsfertig errichteten Wohnungen nach Miteigentumsanteilen richten sollte. Das Amtsgericht gab dem Antrag statt, so dass die Stimmkraft des Bauträgers nur noch bei 36% lag. Das sollte solange gelten, wie die Bauabschnitte 3 und 4 noch nicht errichtet waren. Der BGH hatte nun zu klären ob diese Herabsetzung der Stimmkraft rechtens war.
BGH entschied: Herabsetzung der Stimmkraft war rechtens
Der BGH bestätigte die Reduzierung des Stimmanteils für die noch nicht errichteten Wohnungen. Die Wohnungseigentümer können eine Änderung der Stimmkraft verlangen, wenn das Festhalten an der bisherigen Regelung aus schwerwiegenden Gründen unbillig erscheint.
Solche Gründe lagen hier vor. Denn dem Bauträger kam aufgrund der Regelung der Teilungserklärung, die von der zeitnahen Fertigstellung der Wohnungen ausging, fast die Hälfte aller Stimmen zu. Damit hatte er faktisch eine Mehrheit, da die Anwesenheit aller Eigentümer bei einer Eigentümerversammlung in der Regel nicht erfolgt. Da der Bauträger die Bauabschnitte seit 20 Jahren nicht erreichtet hat und kein Sondereigentum an einer Wohnung hat, liegt die faktische Mehrheit in gemeinschaftsfremden Händen. Das hat zur Folge, dass die Gemeinschaft in wichtigen Angelegenheiten, wie der Verwalterbestellung oder der Beschlussfassung über den Wirtschaftsplan und die Jahresabrechnung fremdbestimmt wird. Daher hielt der BGH es für unbillig, an der bisherigen Stimmverteilung festzuhalten.
Fazit: Liegt die Stimmenmehrheit in fremden Händen, weil sich die Fertigstellung der Wohnanlage über Jahre hinauszögert, haben Sie und die anderen Wohnungseigentümer die Möglichkeit das zu ändern. Beantragen Sie auf der Eigentümerversammlung eine Änderung der Stimmkraft, indem sich diese beispielswiese nach Miteigentumsanteilen statt nach Quadratmetern zu richten hat. Kommt der geforderte Beschluss nicht zustande, können Sie Ihren Anspruch im Klageweg geltend machen.
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