Gemeinschaft entscheidet, wer den Rückbauanspruch geltend machen soll!
Wenn einer der Eigentümer Ihrer Gemeinschaft eine unzulässige bauliche Veränderung errichtet hat, können Sie deren Rückbau verlangen. Damit gehen aber in vielen Eigentümergemeinschaften schon die Unklarheiten los: Wer kann denn einen solchen Anspruch geltend machen – Sie als einzelner Wohnungseigentümer oder die Gemeinschaft als solche? Zu dieser Frage hat das AG Potsdam entschieden: Es obliegt den Wohnungseigentümern zunächst zu entscheiden, ob sie den Rückbau einer baulichen Veränderung als Gemeinschaft geltend machen wollen oder ob dies einzelnen Wohnungseigentümern überlassen bleibt (Urteil v. 11.04.19, Az. 31 C 37/18).
Eigentümer nahm eigenmächtig bauliche Veränderungen vor
Im entschiedenen Fall hatte der Eigentümer einer Teileigentumseinheit mehrere ungenehmigte bauliche Veränderungen am Gemeinschaftseigentum vorgenommen. Unter anderem hatte er Terrassenfenster eingebaut und auch die Außenanlage durch den Aufbau einer Terrassenfläche erheblich verändert.
Hiermit war die Mehrheit der Wohnungseigentümer nicht einverstanden. Auf der Eigentümerversammlung diskutierten die Wohnungseigentümer das Problem. Hierzu wurde im Protokoll festgehalten, dass “Ein Teil der Miteigentümer im Interesse guten Zusammenhalts der Gemeinschaft keine Veranlassung hat, eine Klage einzureichen.” Schließlich wurde der Beschluss gefasst, Klage auf Rückbau der vorgenommenen baulichen Änderungen des Einbaus eines Terrassenfensters und Wiederherstellung der Außenanlagen in den bisherigen Zustand zu erheben.
Hiermit war eine Wohnungseigentümerin nicht einverstanden. Sie ist der Auffassung, zunächst habe geprüft werden müssen, ob die Gemeinschaft die Angelegenheit an sich ziehen wolle. Es sei zu Unrecht davon ausgegangen worden, dass die Eigentümergemeinschaft tätig werden müsse, obwohl individuell, durch einzelne Wohnungseigentümer, Störungsbeseitigungsansprüche geltend gemacht werden konnten.
Gemeinschaft musste Rückbauanspruch erst an sich ziehen
Das Gericht gab der klagenden Eigentümerin Recht. Der Beschluss widersprach ordnungsgemäßer Verwaltung, da die Wohnungseigentümer eine ihnen obliegende Ermessensentscheidung unterlassen haben. Die Wohnungseigentümer hätten zunächst darüber entscheiden müssen, ob sie den Rückbau als Gemeinschaft geltend machen wollen, oder ob dies einzelnen Wohnungseigentümern überlassen bliebt. Es ist aber dem Protokoll der Eigentümerverwaltung nicht zu entnehmen, dass der insoweit vorhandene Ermessensspielraum seitens der Wohnungseigentümer erkannt wurde. Das Protokoll belegt zwar eine umfangreiche Diskussion, jedoch nicht, dass die Frage nach der Zuständigkeit überhaupt angesprochen worden. Daher war der gefasste Beschluss aufzuheben.
Fazit: Hat ein Wohnungseigentümer im Bereich des Gemeinschaftseigentums eine unzulässige bauliche Veränderung errichtet, besteht, ein Rückbauanspruch (§ 1004 BGB). Dieser Anspruch ist im Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander anwendbar und kann somit von jedem Wohnungseigentümer ohne vorherige Beschlussfassung geltend gemacht werden. Die Gemeinschaft als solche hat jedoch das Recht, diesen Anspruch durch entsprechende Beschlussfassung an sich zu ziehen. Genau das haben die Wohnungseigentümer im entschiedenen Fall verkannt. Sie hätten nicht direkt darüber beschließen dürfen, ob die Gemeinschaft die Rückbauklage erheben will oder nicht. Sondern Sie hätten vorgelagert darüber entscheiden müssen, ob die Gemeinschaft die Geltendmachung des Rückbauanspruchs an sich ziehen möchte oder ob dieses Recht bei den einzelnen Eigentümern verbleiben soll. Denken Sie also im Fall eines Rückbaubegehrens immer daran, diese vorgelagerte Zuständigkeitsentscheidung zu treffen. Anderenfalls ist Ihr Beschluss anfechtbar.
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